Mode der Jugend in den 1940er und 1950er Jahren

Quelle: Gewerbezeitung Donnerstag, 16. Juni 2016 von Peter Ziegler

In diesem Beitrag erinnere ich mich, wie die Knaben und Mädchen in meiner Jugendzeit, in den 1940er und 1950er Jahren, gekleidet waren. Eine weitere Folge wird sich mit der Mode für Erwachsene im gleichen Zeitraum befassen.
Der kleine Peter Ziegler mit «Strumpflätter»…

… und im «Sunntigsgwändli»

Ich habe die Kleider, die ich in meiner Kindheit zu tragen hatte, als einheitlicher, weniger bunt und von beschränkterer Auswahl in Erinnerung, als sich die Mode heute präsentiert. Das Motto hiess: «sauber und ganz», darum wurden auch geflickte Kleider getragen. Kleider waren etwas Teures und standen daher länger im Gebrauch als heute. Um sie zu schonen, trug man Armstulpen über den Hemdärmeln und im Garten oder zum Spiel Farmerhosen über der Kleidung. Sie waren Vorläufer der späteren Jeans. Doch wäre es niemand in den Sinn gekommen, die Beine zu durchlöchern, den Stoff auszufransen oder gar abzuschneiden.
Scharf unterschieden wurde zwischen Werktags- und Sonntagsgewand. Gewechselt wurden die Kleider weniger häufig als heute. Meist gab es neue Unterwäsche nur einmal in der Woche: nach dem obligaten Bad am Samstagabend.

Knabenmode im Sommer

Im Sommer trug ich an Werktagen eine Unterhose, eine kurze Hose, ein weisses, ärmelloses Leibchen und bisweilen darüber ein farbiges Hemd, das immer «in die Hose» gehörte. Wenn immer dies möglich war, ging man barfuss, auch zur Schule. Daneben waren – eher am Sonntag – Kniesocken üblich. In welchen Monaten sie von Knaben und Mädchen getragen wurden, legte die R-Regel fest. Kniesocken trägt man nur in einem Monat, in dem der Buchstabe R nicht vorkommt, also im Mai, Juni, Juli und August.

Sekundarklasse 2b von Richard Aerne, 1954/55. Alle Mädchen tragen Schürzen, die Knaben Knickerbocker.

Knabenmode im Winter

Im Winter trugen Knaben in den 1940er Jahren ebenfalls kurze Hosen und über dem Hemd einen gestrickten «Lismer», wie man den Pullover damals nannte. Dazu kamen beinlange gestrickte Strümpfe aus grauer, brauner oder beiger Wolle an Werktagen und aus weisser Wolle am Sonntag. Zur Befestigung diente das gürtelartige «Gstältli». Es wurde zwischen Leibchen und Hemd getragen und hatte am unteren Ende zwei gelochte Elastikbänder. In diese Strumpfhalter hängte man den am Strumpfende angenähten Knopf. Waren die Strümpfe nicht satt angezogen, sprach man vom «Strumpflätter». Wurden die Strümpfe zum ersten Mal getragen, verursachten sie auf den Oberschenkeln einen juckenden Ausschlag. Um ihn zu verhindern, steckte ich dem Papierkorb entnommene Briefumschläge zwischen Bein und Strumpf. Um sich gegen die Kälte zu schützen, bediente man sich eines Mantels oder einer Windjacke sowie eines Halstuchs. Dazu kamen gestrickte Faust- oder Fingerhandschuhe und als Kopfbedeckung eine Wollmütze, ein gestricktes Stirnband oder ein Beret.
In den späten 1940er Jahren wurden die kurzen Hosen und Strümpfe durch Knickerbocker-Hosen abgelöst, die auch im Frühling und Herbst getragen wurden. Dies waren wadenlange Überfallhosen wie sie zuerst Wanderer, Bergsteiger und Torhüter von Fussballmannschaften getragen hatten. Man nannte sie auch «Kegelfänger».

Sonntagsgewand

Speziell war das Sonntagsgewand. Ich erinnere mich an schwarze kurze Hosen, ein weisses Hemd, glänzende Schuhe und an gestrickte Wollstrümpfe im Winter. In dieser Kleidung ging es auf den üblichen Sonntags-Spaziergang. Dabei war darauf zu achten, dass die schönen Kleidungsstücke nicht schmutzig wurden. Wenn ich an einem Wochentag mit den Eltern nach Zürich reiste, um die Grosseltern zu besuchen, wurde ich ins «Sunntigsgwändli» gesteckt. Schliesslich ging man ja in die Stadt! Ein besonderes Sonntagsgewand war das «Konfgwändli». Zur Konfirmation erhielt man den ersten dunkeln Anzug und trug fortan an Festtagen eine Krawatte.

Auftakt zur Schifffahrt der Jugend aus Anlass der 200-Jahrfeier der reformierten, Kirche, 1967. Alle Mädchen tragen noch Röcke.

Mode der Mädchen

Über Unterhose und Unterrock trugen die Mädchen im Sommer und im Winter bis in die 1960er Jahre einen knielangen Rock oder einen Jupe mit Bluse. Der Stoff war meist dunkel, ab den 1950er Jahren farbiger, zum Beispiel mit Blumen oder Tupfen gemustert. Erst gegen 1970 lösten lange Hosen vermehrt die Röcke ab. Auch die Mädchen trugen Lochgummi-Strumpfhalter, Vorläufer des Hüftgürtels, des «Hügü», wenn sie sich in der kälteren Jahreszeit mit gestrickten Wollstrümpfen wärmten. Strumpfhosen setzten sich erst ab den späten 1950er Jahren durch. Zu den gestrickten Handschuhen kam bisweilen der Muff, ein röhrenförmiges Accessoire aus Pelz, in das die Hände zum Wärmen von beiden Seiten hineingesteckt wurden. Am Sonntag zog man schönere Röcke an; für die Konfirmation erhielten die Mädchen einen schwarzen Rock und bisweilen die ersten Nylonstrümpfe. Nun verschwanden auch die Zöpfe mit Haarmaschen zugunsten des Bubikopfs.





Peter Ziegler