HISTORISCHE GESELLSCHAFT WÄDENSWIL HGW

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2006 von Dorothee Gysi
Vorstand der Historischen Gesellschaft Wädenswil, 2006. Vorn von links: Simone Radtke, Anna-Maria Papadopoulos, Maja Burlet. Hinten von links: Adrian Scherrer, Dorothee Gysi (Präsidentin), Fritz Ostertag. Es fehlt Ernst Stocker, Vertreter des Stadtrates im Vorstand der HGW.

SCHWEIZER MUSEUMSLANDSCHAFT

Nicht nur in Wädenswil ist die Museumsfrage aktuell! Wie Kulturpolitik in Zeiten schwindender finanzieller Mittel zu gestalten ist und Museen ihren Auftrag trotz Sparzwang zu erfüllen vermögen, ist heute ein häufiger Diskussionspunkt in verschiedensten Institutionen und politischen Gremien. Von den ungefähr 900 Schweizer Museen sind viele in den 1960er und 1970er Jahren entstanden und nun «in die Jahre gekommen». Deren Museumskonzept und die Ausstellungsart sind nicht mehr zeitgemäss, und demzufolge sind die Besucherzahlen stark zurückgegangen. So ist es auch dem Ortsmuseum zur Hohlen Eich in Wädenswil ergangen. Die Ansprüche der heutigen Besucher sind hoch, sie wünschen sich kreative und erlebbare Museen und Ausstellungen. Neue Strategien, Konzepte und Organisationsformen sind gefragt. Vielfältige Aktivitäten, Wechselausstellungen, Sonderschauen, Diskussionsrunden und begleitende Dokumentationen zu speziellen historischen und kulturellen Themen gehören in ein zeitgemässes Museumsprogramm.
Der Verein Museen Graubünden zum Beispiel setzte anlässlich seines 25-Jahr-Jubiläums neue Akzente: Im Regio-Plus-Projekt «Museen Graubünden» wählten 14 Prominente in 14 Bündner Museen spezielle Objekte aus, ergänzten diese mit Gegenständen der heutigen Zeit und erzählten Geschichten dazu. Dies geschah an drei Festen in Scuol, Ilanz und Thusis.
Auch Wädenswil hat einen ersten Versuch zu einem aktuellen Museum unternommen, leider ohne Erfolg.
Der kulturelle Wert der Museen ist unbestritten. Der Publizist Iso Camartin formuliert es so: «Der Mensch braucht für seine Reise durch das Leben nicht nur Speis und Trank, sondern auch «mentalen Proviant», Bildung und Kultur eben. Kultur ist kein Luxus-, sondern ein Alltagsgut!»

NEUES MUSEUM IN DER VOLKSABSTIMMUNG ABGELEHNT

Wädenswil braucht ein neues Museum – ein Museum, das unterhaltend, spannend und kreativ ist und den Bogen von der Vergangenheit zur Gegenwart schlägt. So lautet die Devise der Historischen Gesellschaft Wädenswil. Doch die Wädenswiler Stimmbürgerinnen und Stimmbürger entschieden anders.
Im September 2005 stimmte das Parlament der Vorlage des Stadtrates für ein neues Ortsmuseum zu. Das fakultative Referendum eines Gemeinderatmitgliedes verlangte eine Volksabstimmung, die am 27. November die Vorlage mit 55 Prozent ablehnte.
Und wie sollte es nun weitergehen? Der Stadtrat sowie die Historische Gesellschaft mussten die neue Situation überdenken und entsprechende Schritte einleiten. Der Stadtrat beschloss, das Ortsmuseum zur Hohlen Eich aufzuheben und das Haus zu verkaufen. Dies als Folge der parlamentarischen Rückweisung einer Vorlage zur Belebung des Museums zur Hohlen Eich im Jahre 2002 und des negativen Volksentscheids vom November 2005. Für den Verkauf ist jedoch ein Parlamentsbeschluss notwendig.
Vitrine «Der Glaube im Dasein unserer Vorfahren» im Ortsmuseum zur Hohlen Eich.

Die Historische Gesellschaft lud ihre Mitglieder im Januar 2006 zu einer ausserordentlichen Generalversammlung ein und diskutierte verschiedene Szenarien. Auch über eine Auflösung des Vereins wurde gesprochen, da die eigentliche Zweckbestimmung, das Realisieren eines Museums, nicht mehr möglich war. Überzeugend konnte der Vorstand klarlegen, dass ein neues, zeitgemässes Museum in den Räumen der Hohlen Eich nicht zu realisieren ist. Einstimmig beschlossen die anwesenden Vereinsmitglieder, die Historische Gesellschaft solle weiter bestehen und langfristig nochmals einen Vorstoss für ein neues Museum wagen. Kurzfristig wurden Wechselausstellungen gewünscht – damit sollten die Wädenswilerinnen und Wädenswiler erfahren, wie anregend und aktuell Ausstellungen sein könnten.
 

ERSTE WECHSELAUSSTELLUNG DER HGW

Vom 20. Januar bis 25. März 2007 plant die Historische Gesellschaft ihre erste Wechselausstellung. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen für einen jungen Verein, der keine Räumlichkeiten und keine genügenden Finanzen zur Verfügung hat! Als Thema hat der Vorstand «Schatzkammer Wädenswil» gewählt. Ausgefallene und interessante Objekte aus dem historischen Fundus der Stadt sollen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Geplant ist keine klassische Ausstellung, viel eher sollen in einem Schaulager die Exponate nach moderner Museumspädagogik den Besuchern präsentiert werden und so eine Brücke von gestern zu heute geschlagen werden. Dadurch soll ein breites Publikum angesprochen werden, auch Jugendliche und Schulklassen.
Erfreulicherweise haben sich Mitglieder der Historischen Gesellschaft zur freiwilligen Mitarbeit bei dieser Wechselausstellung gemeldet. So entstanden verschiedene Arbeitsgruppen, die am Konzept, der Raum- und Sponsorensuche arbeiten.
Die Historische Gesellschaft freut sich auf die erste Wechselausstellung. Es ist ihr ein Anliegen, sich in der Öffentlichkeit mit einer Ausstellung zu präsentieren und den Wädenswilerinnen und Wädenswilern einen Einblick in den reichen historischen Fundus der Stadt zu ermöglichen.

Adrian Scherrer beim Sortieren von Gegenständen im Museum zur Hohlen Eich.

HISTORISCHER FUNDUS DER STADT WÄDENSWIL

Mit dem Beschluss des Stadtrates, das Haus zur Hohlen Eich zu verkaufen, stellt sich nun die Frage, wo der historische Fundus gelagert und gewartet werden soll.
Sämtliche Exponate, die in der Hohlen Eich, im Lager des Ortskommandopostens und in der Stoffelscheune liegen, sind in einem digitalen Inventar verzeichnet. Es sind 2166 Objekte, die zum Teil wertvoll und bedeutend sind und die lokale Geschichte als Zeitzeugen illustrieren. Unter anderem ist die Petschaft- und Siegelsammlung aus der Werkstatt der Familie Brupbacher aus dem späten 18. Jahrhundert zu erwähnen.
Der historische Fundus ist und bleibt Eigentum der Stadt Wädenswil. Mit der Räumung der Hohlen Eich muss jedoch ein neuer Raum für die Exponate gefunden werden. Der nicht mehr gebrauchte Sanitätshilfeposten «Bin Rääbe» würde sich von der Grösse und den klimatischen Bedingungen her bestens eignen. Hier könnten alle Exponate, auch diejenigen aus dem Ortskommandoposten und der Stoffelscheune, gelagert werden. Vor dem Umzug müssen aber alle Objekte durchgesehen und geordnet werden. Bei Leihgaben und Geschenken muss der Anspruch auf eine eventuelle Rückgabe geklärt werden. Für diese anspruchsvolle Arbeit hat der Stadtrat Adrian Scherrer, Historiker und Ausstellungskurator, verpflichtet.
Nach der Einlagerung des historischen Fundus in den neuen Räumen übernimmt die Historische Gesellschaft dessen Wartung und Pflege. Die Rechte und Pflichten der Stadt und der Historischen Gesellschaft werden in einer Leistungsvereinbarung geregelt. Die Historische Gesellschaft kann den Fundus für Wechselausstellungen benützen, so werden sporadisch einzelne Exponate weiterhin für die Wädenswiler Bevölkerung zugänglich bleiben.
Wie lange wird nun der historische Fundus versteckt schlummern müssen, bis er in neuem Glanze in einem Museum erstrahlen kann?

 
Dorothee Gysi
Präsidentin Historische Gesellschaft Wädenswil
Im Fundus der Stadt befinden sich auch wertvolle Dokumente.
Ein letzter Blick, bevor die Dokumente eingelagert werden.