Wädenswiler Grenzumgehung – eine neue Tradition?

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1983 von Hans Zollinger-Tschudi
 
Am Sonntag, dem 24. April 1983, nahmen bei anfänglich Regen, später Sonnenschein, rund 170 Personen an der Grenzumgehung des Verkehrsvereins teil. An diesem ersten öffentlichen Grenzumgang wurden die jungen und älteren Wädenswilerinnen und Wädenswiler begleitet von Prof. Albert Hauser und Peter Ziegler, welche heimatkundliche und lokalgeschichtliche Hinweise gaben.
Der Verkehrsverein setzt sich zum Ziel, Wädenswil den Wädenswilern vertraut zu machen, das Gefühl von Heimat zu vermitteln und zu vertiefen. In diese Richtung zielen all die Bemühungen mit dem Veranstaltungskalender, den Neuzuzüger-Abenden, den Ruhebänken, dem Waldlehrpfad, dem Büchlein «Wädenswil von Kopf bis Fuss» und vielen anderen Aktivitäten, eben auch die Grenzumgehung.
Erste Wädenswiler Grenzumgehung veranstaltet vom Verkehrsverein am 24. April 1983.

Grenzumgehungen haben, wie Professor Hauser ausführte, in Wädenswil keine Tradition. Sie waren dort eine Notwendigkeit, wo Waldkorporationen, Allmenden bestanden hatten. Der Grenzumgang der Gemeindebürger diente also gewissermassen der Information, der Inspektion ihres Besitzes. Wädenswil hingegen besitzt keinen Gemeindewald. Das kommt daher, dass man seinerzeit für die wachsende Bevölkerung den Boden für die Agrarbewirtschaftung brauchte und dafür den Wald «opferte». Im 16. Jahrhundert war Wädenswil noch für seine Eichenwälder berühmt. Dann folgte ziemlich rasch die Umstellung auf Milchwirtschaft.
Unsere Grenzumgehung, mit einer totalen Marschzeit von etwa 5 Stunden, begann in der Sennweid (mit Fahrgelegenheit vom Dorf). Sie führte dann über die Tanne und den Unter Mittelberg zum Chaltenboden. Auf der Mugerenstrasse am Moos vorbei ging's hinauf zum höchsten Punkt der Gemeinde, der Schlieregg auf 685 Meter. Hier war gegen Hunger und Durst mit Wurst und Most vorgesorgt worden. Durch das Schliereggholz und das Rinderholz erreichte man die Gehöfte Bachgaden und Burstel. Von dort führte die Wanderung über Strasshuus hinunter zur Aamühle und dem Aabachweiher entlang unter der Autobahn hindurch ins Sackholz und über Rietwies − Langacker nach Unterort. Schliesslich endete der Grenzumgang im Meilenbach, wonach natürlich noch der Heimweg entlang dem See − zum grössten Teil auf öffentlich zugänglichen Seewegen − zurückzulegen war.
Entlang der Grenze von Wädenswil gab es für Prof. Albert Hauser und Peter Ziegler viel Interessantes zu erzählen. Von den vielen lokalhistorischen und heimatkundlichen Hinweisen wollen wir hier nur einige wenige erwähnen. Besonders interessant ist die Beziehung des Hofes Sennweid zur nahegelegenen Burg als Sennen- und Weidebetrieb. Spezielle Erwähnung verdienen die Moränenlandschaft, welche den Streusiedlungen das Gepräge gab, wie auch die Torflandschaft im Gebiet Chaltenboden − Steinweid. Namen wie Stocken, Langrüti erinnern an die Rodungen im Wädenswiler Berg. Historische Besonderheiten entlang der Gemeindegrenze sind wohl noch das mittelalterliche Gehöft Burstel, welches früher zum Besitz des Fraumünsters gehörte, und die Aamühle, um 1825 noch ein Betrieb für Baumwollverarbeitung.
Wurde mit dem Wädenswiler Grenzumgang eine neue Tradition geschaffen? Die Teilnehmer urteilten so begeistert, dass in ein paar Jahren sicher eine Wiederholung fällig sein wird. Inzwischen seien die Bewohner zum Entdecken Wädenswils auf eigene Faust ermuntert.




Hans Zollinger-Tschudi
Präsident des Verkehrsvereins