Quartiervereine stellen sich vor

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1992 von Christian Steuble

Quartierverein Langrüti

Ende Februar 1961 fanden die Bewohner der Langrüti folgendes Schreiben im Briefkasten:

«Liebe Langrütler. Seit über 100 Jahren besteht hier eine Lesegesellschaft. Ihre Mitglieder bezogen halbmonatlich eine Lesemappe mit verschiedenen Zeitschriften. Hin und wieder veranstaltete man einen Vortrag, den unsere beiden Chöre mit Liedern umrahmten. Abonnierte Zeitschriften, Radio und Fernsehen machen wohl heute die Lesemappe überflüssig, und die Gesellschaft hat in diesem Sinne ausgedient. Wir fragen uns aber, ob eine Vereinigung von Einwohnern unsere Sektion heute nicht als Quartierverein zur Wahrung gemeinsamer Interessen eine Daseinsberechtigung habe, denken wir nur an folgende Anliegen: Zustand der Nebenstrassen und Wege zum Dorf, Trottoirs bei Posthaltestellen, Spielplatzfragen für Kinder usw. Der besseren Fühlungnahme zwischen den Gliedern unserer Sektion könnte jeden Winter ein Vortrag dienen.
Wer eine solche Vereinigung von Einwohnern unseres Gemeindekreises Langrütig begrüsst, ist freundlich zu einer Versammlung, an der auch weitere Anliegen unserer Sektion zu Sprache kommen können, eingeladen. Die Zusammenkunft findet statt: Samstag, 4 März 1961, 2015 Uhr, im Saal des Restaurants Feld.
Mit freundlichen Grüssen
Jakob Hauser jun., E. Mörgeli jun. Hermann Schweizer, E. Zollinger, Walter Zollinger.»

Nach dieser Versammlung wurde es wieder einige Zeit ruhig in Sachen Quartierverein. Auf den 6. Januar 1962 erging dann erneut eine Einladung an die Bergbevölkerung. An einer Versammlung sollten die Betroffenen über die von der Gemeinde vorgesehenen Änderungen der Urnenöffnungszeiten befinden. An eben dieser Versammlung wurde auch einer Gruppe der Auftrag erteilt, Statuten und eine Vorstandsliste für einen zu gründenden Quartierverein vorzubereiten. Die Beauftragten luden in der Folge auf den 24. Februar 1962 zur Gründungsversammlung ins Restaurant Feld ein.
Die heute gültigen Statuten, beschlossen am 6. Mai 1972, umschreiben den Zweck des Quartiervereins Langrüti folgendermassen: «Der Quartierverein Langrüti ist eine konfessionell und politisch neutrale Vereinigung von Einwohnerinnen und Einwohnern der Sektion Langrüti und angrenzender Gebiete. Der Verein nimmt Wünsche und Anregungen entgegen. Er vertritt die Interessen der Sektion Langrüti gegenüber Behörden und anderen Körperschaften. Nötigenfalls gibt der Quartierverein dem Willen der Mitglieder auch durch die Presse Ausdruck. Es ist wünschenswert, wenn die Behördenvertreter der Sektion an den Zusammenkünften des Quartiervereins die Anliegen der Mitbürger kennenlernen und in ihren Behörden vertreten können. Andererseits sollen die Behördenmitglieder Gelegenheit haben, über behördliche Vorlagen und Entscheide, die Sektion Langrüti betreffend, zu orientieren. Bildende oder gesellige Veranstaltungen sollen mithelfen, den Kontakt unter den Mitgliedern zu vertiefen.»
In diesem Sinne betätigt sich der Quartierverein heute noch. Diverse Verbesserungen konnten dank seinem Wirken und Einsatz in den letzten Jahren erreicht werden. Zu erwähnen sind: Beseitigung von Gefahrenherden auf Schulwegen, Sanierung einzelner Strassenabschnitte, Lärmverminderung der Grastrocknungsanlage usw.
Jedermann, der volljährig ist, kann Mitglied des Quartiervereins werden. Nebst den Bewohnern der Sektion Langrüti könnten auch Mitbürger angrenzender Gebiete, die in engem Kontakt zur Sektion stehen, beitreten. Mitglieder, die aus dem Sektionsgebiet wegziehen, dürfen auf Wunsch ihre Mitgliedschaft beibehalten. Juristische oder natürliche Personen, welche die oben erwähnten Bedingungen nicht erfüllen, werden als Gönnermitglieder aufgenommen.
An der ersten Generalversammlung nach der Gründung, am 19. Februar 1963, wurde festgestellt, dass dem Quartierverein 77 Mitglieder angehörten. An der Generalversammlung vom 20. März 1992 zählte der Verein 180 Mitglieder.
Von eigentlichen Höhepunkten im Vereinsleben kann beim noch jungen Quartierverein Langrüti nicht gesprochen werden. Sicher hängt dies zusammen mit der eher bescheidenen Art der Bevölkerung des Wädenswiler Berges. So wurden bisherige Abschnitte, zum Beispiel unser 25jähriges Bestehen, lediglich mit einem Etzelbummel an einem schönen Sommerabend gefeiert. Auch das 30jährige im Herbst 1992 ging eher einfach über die Bühne.
Hingegen gab es sicher Höhepunkte bezüglich Einsatz und Aktivitäten des Quartiervereins, auch wenn diese nicht immer erfolgreich in unserem Sinne verlaufen sind. In diesem Zusammenhang sei an die Schiessplatzfrage erinnert, die den Quartierverein während mehrerer Jahre aufs intensivste beschäftigte. Mit grossem zeitlichem und finanziellem Aufwand versucht, das Beste für unser Erholungsgebiet herauszuholen, nämlich den Schiessplatz Beichlen zu verhindern. Auch bei der Sanierung der Strassenführung durch den Weiler Herrlisberg handelt es sich um eine Art Dauerbrenner. In jüngster Zeit war es dann die Deponiefrage, die der Quartierverein kurzfristig, aber recht intensiv, aktiv werden liess.
Unter den wiederkehrenden Aktivitäten ist in erster Linie die Bundesfeier auf dem Geren zu erwähnen, die seit etlichen Jahren unter der Regie des Quartiervereins organisiert und durchgeführt wird. Sodann war es seit vielen Jahren Tradition, im Herbst entweder zu einem Vortrag im Schulhaus oder zu einem gemütlichen Hock in der Sparrenhütte einzuladen.
Der sogenannte Sparrenhüttenabend hat nun aber einen «Nachfolger» gefunden. Der Vorstand in der heutigen Zusammensetzung fasste 1991 den Entschluss, zur Pflege der nachbarschaftlichen Beziehungen und zur Mitgliederwerbung ein Langrütifest zu organisieren, zusammen mit den Lehrern und Schülern unserer Schulhäuser. Das erste Fest wurde 1991 zu einem durchschlagenden Erfolg. Aufgrund des erneuten Erfolges 1992 wird dieser Anlass nun einen festen Platz im Jahresprogramm finden und den Abend in der Sparrenhütte ersetzen. Unser Jahresprogramm umfasst damit die folgenden festen Anlässe: Langrütifest, Bundesfeier, kultureller Anlass (zum Beispiel Vortrag, Film, Besucher einer Ausstellung). Zu erwähnen bleibt zudem die Jahresversammlung, die wir seit einigen Jahren im Frühling in unserem Schulpavillon abhalten. Sie wird bei uns Berglern jeweilen zu einem «Fest», das sich für einige bis in den nächsten Tag hineinzieht.
Sicher werden immer wieder Aufgaben auf uns zukommen, an die wir heute noch kaum denken. Zweifellos trägt auch der immer grösser werdende Siedlungsdruck dazu bei, dass sich die in den Erholungsgebieten lebende Bevölkerung mit immer neuen Eingriffen befassen muss.
Einer unserer nächsten Einsätze gilt der Erhaltung des Schulpavillons Langrüti, hegen doch die zuständigen Behörden bereits Abbruchgedanken. Dabei ist gerade dieser Pavillon für die Bevölkerung unseres Gebietes von grosser Wichtigkeit, hat er sich doch zu einem Treffpunkt für alle möglichen Gruppierungen und Vereine entwickelt. Nach dem Wegfall des Saales im Restaurant Feld ist dies von besonderer Bedeutung geworden. Wir werden uns daher bei den zuständigen Stellen unserer Stadt entsprechend einsetzen.
Eine weitere Aufgabe sehen wir darin, eine Verbesserung der Verkehrsführung auf der Langrütistrasse, im Bereich Feld – Grossengaden, zu erreichen. Wir denken dabei vor allem an die Schulkinder und übrigen Fussgänger. Die Antwort des Stadtrates auf eine entsprechende Eingabe lässt allerdings – im Juli 1992 – kaum auf eine baldige Verwirklichung dieses Vorhabens hoffen.

Bundesfeier 1986 auf dem Geren, organisiert vom Quartierverein Langrüti.




Christian Steuble