«Adlerberg»: Vom Stein des Anstosses zum Schmuckstück

Eine gefreute Restaurierung

Quelle: AAZ 9. Februar 1990 von Peter Ziegler

Vor wenigen Jahren noch befürworteten manche Wädenswiler den Abbruch der verlotterten Liegenschaft «Adlerberg» am oberen Kirchweg. Solche Diskussionen sind nun verstummt und unnötig. Das frisch herausgeputzte und nach Wünschen der Natur- und Heimatschutzkommission Wädenswil sowie der Denkmalpflege des Kantons Zürich restaurierte Haus präsentiert sich jetzt wieder als schlichter Zeuge bodenständiger Handwerkskunst der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Gebäude, während langer Zeit ein Stein des Anstosses, ist zu einer Zierde des Quartiers oberhalb der reformierten Kirche geworden.

«Adlerberg»

Nachforschungen haben ergeben, dass das Haus ob der Kirche nie als «Adlerburg», sondern von allem Anfang an als «Adlerberg» registriert worden ist. Auf Martini 1842 ging der in den Jahren 1836 bis 1838 erstellte Neubau «genannt zum Adlerberg», ob der Kirche zu Wädenswil liegend, ins Eigentum des Schuhmachers Jakob Pfister im Rothaus Wädenswil über.
Das Haus hatte nie herrschaftliches Gepräge wie etwa die Bürgerhäuser an der Türgass oder die zu »Anfang des 19. Jahrhunderts entstandenen Bauten «Friedberg», «Gerbe» oder «Freihof». Wie der benachbarte «Eisenhammer» war auch der «Adlerberg» für Generationen von Handwerkerfamilien Wohnsitz und zum Teil auch Arbeitsort.

Zur Aussenrestaurierung des Hauses

Mit der Kernzonenordnung von 1984 stufte das Wädenswiler Gemeindeparlament das Haus «Adlerberg» als Schutzobjekt von kommunaler Bedeutung ein. Bei der Restaurierung des Hauses galt es deshalb, auf die Belange des Denkmalschutzes bestmöglich Rücksicht zu nehmen. Während der Stadtrat, um eine neue Nutzung zu ermöglichen, den Empfehlungen der lokalen Natur- und Heimatschutzkommission nicht folgte und einer Auskernung des Hausinnern zustimmte, bestand von allem Anfang an darüber Einigkeit, dass das äussere Erscheinungsbild zu erhalten und wo immer möglich in der ursprünglichen Wirkung zu zeigen sei.
Die Fassaden erhielten wieder einen fein abgeriebenen mineralischen Kalkputz. Da ein Isolationsputz an diesem Schutzobjekt nicht in Frage kam, entschied man sich für eine Innenisolation der Aussenmauern. Schadhafte Fenstergewände wurden in Bächer Sandstein ersetzt und, wie schon 1836/38, grau gestrichen. Die Gewände und der Sturz des Hauseingangs vom Kirchweg her, waren derart verwittert, dass sich eine Kopie der originalen Situation als bessere Lösung aufdrängte. Um diese Partien – inklusive den Sturz mit Baudatum 1836 – als Nachbildung kenntlich zu machen, verzichtete man hier auf einen Farbanstrich. Das bisher nur einfach gedeckte Biberschwanzziegeldach erhielt eine Isolation zwischen den Dachsparren und eine Doppeldeckung mit alten Biberschwanzziegeln, die sich optimal in die Dachlandschaft der Umgebung einfügen. Die beschädigte Windfahne auf dem leicht skurrilen Treppenturm konnte nach zeitgleichen Vorbildern ebenfalls ergänzt werden. Zusammen mit der blechernen Windrose gereicht sie dem Hause wieder zur Zierde. Für die Beleuchtung der beiden Eingänge wählte der Archtitekt schmiedeeiserne Lampen, die einerseits zum Gebäude passen und andererseits in bereits montierten Beleuchtungskörpern entlang des Kirchwegs ihre Entsprechung finden.
Seit der Aussenrestaurierung von 1989 wird dies noch deutlicher:
Der «Adlerberg» ist ein einfaches, klar gestaltetes Wohnhaus mit klassizistischen Stilmerkmalen und einer gewissen Verwandtschaft zum Typ des Zürichsee-Hauses. Zu dieser Einfachheit und Klarheit steht der dominante Treppenturm in klarem Gegensatz. Die Kombination der verschiedenartigen Gebäudeteile ergibt den besonderen Reiz und die Spannung, welche der «Adlerberg» ausstrahlt.
Süd- und Nordfassade des Hauses sind identisch gegliedert. Sie weisen drei Vollgeschosse auf, mit je drei symmetrisch zum Giebel in Achsen angeordneten, hochrechteckigen, sechsteilig gesprossten Fenstern. Im Giebelfeld sitzen zwei aus den Achsen heraus verschobene Fenster. Unmittelbar unter dem First betont ein kleines Fenster die Mittelachse. Die Ostfassade zeigt ebenfalls drei Fensterachsen, mit gleichem Fenstertyp wie auf den Giebelseiten. Wegen des grösseren Achsabstandes wirken sie auf der Westfassade jedoch breiter. Über der mittleren Fensterachse sitzt eine grosse Lukarne mit Giebeldach, einem Fenster von Typus der Fassaden und einer halbrunden Öffnung direkt unter dem First.
Das Satteldach ist leicht geknickt und mit Biberschwanzziegeln eingedeckt. Der First verläuft genau in Nord-Süd-Richtung, also parallel zum Kirchweg. Als besondere Zierde ist eine Wetterfahne mit Windrose auf dem Dach des Treppenturms zu erwähnen; originell ist sodann der Taubenschlag zwischen dem Treppenturm und dem Dach des Hauptbaus. Der mit Sandsteingewänden gefasste Haupteingang im Erdgeschoss des Treppenturms trägt im Türsturz das Baujahr 1836.




Peter Ziegler