Aus der Geschichte des Hauses Zum Eisenhammer

Quelle: «Allgemeiner Anzeiger vom Zürichsee», 25. Juni 1986 von Peter Ziegler

Zum Abschluss der Hausrenovation

Mitte Juni sind am Haus Zum Eisenhammer an der Kreuzung von Schönenbergstrasse und Oberdorfstrasse die letzten dunkelgrünen hölzernen Fensterläden eingehängt worden. Damit erstrahlt nun das wohl proportionierte, schlichte Gebäude mit rotem Ziegeldach und pastellgrünen Fassaden in neuem Glanz. Wädenswil ist um einen schmucken Zeugen der Vergangenheit reicher.
Langezeit war der unansehnliche, verlotterte Bau Stein des Anstosses, und manche Leute hätten gerne dessen Abbruch gesehen. Dass es nicht so weit kam, verdankt man
1. einer Mehrheit der Stimmberechtigten, welche in der Urnenabstimmung vom 4. September 1983 den Kredit von 2‘900‘000 Franken für ein Neubauprojekt «Eisenhammer/Adlerburg» verwarfen,
2. dem Gemeinderat, welcher 1984 das Haus «Eisenhammer» als kommunales Schutzobjekt in den Kernzonenplan aufnahm,
3. dem Stadtrat und dem Gemeinderat Wädenswil, welche 1984 und 1985 ihre Zustimmung gaben, dass die Stadt das Gebäude im Baurecht der Bau- und Immobilien-Verwaltungs AG (BIVAG) überlassen konnte,
4. der BIVAG, welche das Haus in enger Zusammenarbeit mit der Kantonalen Denkmalpflege und der Natur- und Heimatschutzkommission Wädenswil restaurierte und renovierte.
 
Haus Eisenhammer vor der Renovation.

Bauliches

Das Haus Zum Eisenhammer ist ein typischer Vertreter des Wohnhauses der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: ein klassizistischer Bau mit strenger, karg wirkender Fassadengestaltung. Der dreigeschossige, verputzte Massivbau weist ein gebändertes Sockelgeschoss mit betonten Hausecken auf und ist durch ein profiliertes Gurtgesims von den oberen Geschossen abgehoben. Die Fassaden sind symmetrisch gegliedert, die Fenster in regelmässig gereihten Achsen angeordnet. Die vierachsige südliche Traufseite trägt einen gross dimensionierten, über zwei Fensterachsen reichenden Quergiebel. Die als Hausrückseite ausgebildete Nordfassade findet ihre Betonung im überdachten Hauseingang in der Mittelachse. Die zweiachsigen Schmalseiten tragen im Giebelfeld je ein Bogenfensterchen. Das Haus Zum Eisenhammer steht am Eingang des Kirchwegs, der direkt auf das Portal der reformierten Kirche zuführt. Die exponierte Stellung an der Strassenkreuzung gibt dem Haus einen hervorragenden Situationswert. Der Bau begrenzt und schliesst einerseits den Platz, andererseits schafft er klar bestimmte Eingänge zur Oberdorfstrasse und zum Kirchweg. Mit dem gegenüberliegenden «Volkshaus», aber auch mit der «Schmiedstube» und der Liegenschaft «Adlerburg» steht der «Eisenhammer» in starker wechselseitiger Beziehung, was nicht zuletzt die heutige Farbgebung beeinflusst hat.
Haus Eisenhammer nach der Restaurierung. Ansicht von Südosten.
 

Geschichtliches

Das Haus Zum Eisenhammer wurde 1864 vom Schmied Gottlieb Huber gebaut, auf Land, das ihm die Erben des Heinrich Zollinger ob der Kirche verkauft hatten. Huber war seit 1858 Eigentümer einer Wagen- und Hufschmiede, die 1826 vom Schmied Rudolf Hofmann − wohnhaft in der «Schrniedstube» − erstellt worden war, auf dem Platz ob dem heutigen Feuerwehrhaus stand, von 1842 bis 1855 dem Schmied Georg Schrot gehört hatte und dann an Vater Jakob Huber übergegangen war. Diese Schmiedewerkstätte, die auch die Namen «Eisenhammer» und «Schmiedstube» verständlich macht, ging im Mai 1879 samt Wohnhaus durch Kauf an Albert Bosshard über. Von ihm kam sie 1892 an Reinhold Kleiner. 1907 wurde die Schmiede anlässlich der Korrektion der Schönenbergstrasse und im Hinblick auf den Bau des Feuerwehrhauses (1909) abgebrochen.

Ein berühmter Bewohner

Im Haus Zum Eisenhammer wohnte der Kaufmann Eduard Hauser-Meier (1840–1914. Sein hier aufgewachsener Sohn Rudolf Otto Hauser (1874–1932) wurde ein international berühmter Archäologe und Prähistoriker. Nach dem Besuch der Wädenswiler Dorfschulen und des Instituts Ryffel in Stäfa studierte Hauser von 1894 bis 1898 an der Universität Zürich Archäologie und Anthropologie. 1897 entdeckte der auf eigene Faust ausgrabende Prähistoriker das Amphitheater Vindonissa. Nach der 1903 erfolgten Scheidung von Anna Seline Brändli, die er 1895 geheiratet hatte, verliess Hauser seine Heimatgemeinde Wädenswil und führte 1904/05 ein Antiquitätengeschäft in München. Dann begab der sich nach Südfrankreich und führte im Tal der Vézère prähistorische Ausgrabungen durch. Dabei entdeckte er 1905 den «Moustier-Menschen» und 1908 den «Aurignac-Menschen»:
Otto Hauser (1874–1932)
Skelette und Schädel von Menschen die in der mittleren Altsteinzeit (um 100‘000 vor Christus) beziehungsweise in der jüngeren Altsteinzeit (um etwa 40‘000 vor Christus) gelebt hatten. Seit dem Ersten Weltkrieg wohnte Otto Hauser in Deutschland, zuerst in Weimar, dann in Berlin-Wilmersdorf, wo er 1932 starb. Hauser publizierte eine Reihe grundlegender Werke zu Anthropologie und Urgeschichte. Zu seinen Hauptschriften zählen: Vindonissa (1904), Homo Mousteriensis Hauseri (1908), Homo Aurignacensis Hauseri (1910), Der Mensch vor 100’00 Jahren (1917), Im Paradies des Urmenschen (1920), Urgeschichte (1925), Die grosse zentraleuropäische Urrasse (1925).




Peter Ziegler