Aus der Geschichte von Hütten

Quelle: Gewerbezeitung Dienstag, 12. Juni 2018 von Peter Ziegler

Nachdem in der letzten Ausgabe der Gewerbezeitung einige Aspekte der Geschichte von Schönenberg beleuchtet wurden, folgt hier ein Blick in Hüttens Vergangenheit. Natürlich – wie immer an dieser Stelle – vom Wädenswiler Historiker Peter Ziegler.

Ortsname und älteste Höfe

Die Lage in der voralpinen Moränenlandschaft bedingte seit der frühesten Besiedlungsphase im Hochmittelalter in Hütten die Streusiedlung. Vier grosse Viehzüchterhöfe werden schon in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erwähnt, nämlich 1268 Segel, 1270 Hütten («ze dien Hütten» als Sennhütten der Freien von Wädenswil), 1270 Langmoos und 1278 Laubegg. Ab der Mitte des 15. Jahrhunderts setzte, nach Rodungen, eine neue Kolonisationswelle am Hang der Hohen Rone ein. Erwähnt werden Schönau (1453), Mistilisyten (1482), Heiten (1488). In den Urbaren des 16. Jahrhunderts erscheinen weitere Hofnamen, u.a. Böschen (1503), Heingarten (1528), Seehalden (1568).

Politische Organisation

Das Gebiet von Hütten gehörte bis 1287 zur Grundherrschaft der Freiherren von Wädenswil, von 1287 bis 1549 zur Johanniterherrschaft Wädenswil und von 1550 bis 1798 zur zürcherischen Landvogtei, die vom Schloss Wädenswil aus verwaltet wurde.
Gold und Rot im Wappen der Gemeinde Hütten erinnern an die einstige Zugehörigkeit zur Landvogtei Wädenswil.
 
Gemeinde Hütten im Jahre 1856 (Zentralbibliothek Zürich).
 

Während dieser Zeit war Hütten keine selbständige Gemeinde, sondern – wie Samstagern noch heute – ein Teil von Richterswil. 136 Hektaren Richterswiler Waldbesitz auf Hüttner Gemeindegebiet erinnern noch daran. Während der Helvetik löste sich Hütten politisch von Richterswil und wurde 1798 eine selbständige Munizipalitätsgemeinde im Distrikt und späteren Bezirk Horgen.

Kirchliche Organisation

Kirchlich bildete Hütten einen Teil der mittelalterlichen Pfarrei Richterswil. Da der Kirchgang an den See beschwerlich war, stifteten Bewohner der Höfe im Berg eine Kapelle, die 1496 dem heiligen Jakob geweiht wurde. Mit Richterswil ging auch Hütten 1529 zur Reformation über. Anstelle der 1656 im Ersten Villmergerkrieg zerstörten Kapelle entstand 1668 ein neues kirchliches Gebäude. Dieses versah seinen Dienst bis 1855 und wurde dann durch den heutigen spätklassizistisch-neugotischen Bau des Zürcher Architekten Johann Caspar Wolff ersetzt.
1703 wurden die Höfe zu Hütten der neu gebildeten Kirchgemeinde Schönenberg zugeteilt. Nachdem seit 1752 ein in der Stadt Zürich wohnender Vikar die Hüttner seelsorgerlich betreut hatte, erhob der Kleine Rat von Zürich 1824 die bisherige Filialpfarrei zur selbständigen Kirchgemeinde.
Die ab 1848 wieder zugezogenen Katholiken aus Hütten besuchten bis 1924 den Gottesdienst in Wädenswil, dann wurden sie der neu gebildeten Pfarrei Schönenberg zugeteilt. 1969 erhielt Hütten eine eigene katholische Kirche.
Kirche Hütten - erbaut 1668, abgebrochen 1855 - mit 1825/26 erstelltem Pfarrhaus. Zeichnung von David Hess, 1826.



 
 
 
 
 
 
Der Kapellrodel von 1496 berichtet vom Bau der Jakobs-Kapelle in Hütten (Staatsarchiv Schwyz).

Katholische Kirche Hütten von 1969.
 
 
 
Reformierte Kirche Hütten von 1855/56.

Krieg in Hütten

Das im Grenzgebiet zwischen dem reformierten Zürich und dem katholischen Schwyz gelegene Gebiet von Hütten war viermal Kriegsschauplatz. Während des Ersten Villmergerkrieges von 1656 verbrannten katholische Angreifer in Hütten 15 Häuser. Nach diesem Überfall liess der Zürcher Kriegsrat entlang der Grenze zischen Zürichsee und Sihl fünf Schanzen anlegen: die Sternenschanze in der Richterswiler Allmend, das Eichschänzli bei Samstagern, die Bellenschanze am Hüttnersee, die Hüttner Schanze sowie eine Befestigung, welche die Finsterseebrücke über dem rechten Sihlufer deckte.
Schanze Hütten.
 
1712, während des Zweiten Villmergerkrieges, kam es im Raum Hütten erneut zu Kampfhandlungen. In achtstündiger Abwehr konnte ein Angriff der Schwyzer auf die Landvogtei Wädenswil zurückgeschlagen werden. 1799 war die Gegend wieder Kriegsschauplatz: Österreichische Truppen hatten auf Laubegg Quartier bezogen und bekämpften von da aus französische Kontingente. Zum letzten Mal erfüllte Kriegslärm den Raum Hütten während des Sonderbundskrieges von 1847. Schwyz und Zug gehörten dem Sonderbund an, Zürich stand auf der Seite der Gegner. In der Nacht auf den 14. November brannten die Schwyzer die Hüttnerbrücke nieder. Auch in den folgenden Tagen gab es in der Gegend Scharmützel, zu grösseren Schäden kam es aber nicht.

Molkenkurort Hütten

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Hütten ein bekannter Molkenkurort. Die ersten Kurgäste, meist aus der Stadt Zürich, fanden sich im Jahre 1810 ein. Sie genossen hier Kuhmilch, später auch Ziegenmolken. Beliebt waren Spaziergänge an frischer Landluft. Die Gasthöfe Krone, Bären und Kreuz profitierten vom Ruhm des Kurorts. Dann änderten sich die Zeiten. Der «Bären» wurde 1915 aufgehoben, das «Kreuz» 1982.

Beziehung zu Wädenswil

Verkehrsmässig war Hütten lange Zeit nach Richterswil ausgerichtet. Erst der 1872 eingeführte Postkutschenkurs ab Schönenberg brachte den Anschluss nach Wädenswil. 1922 wurde der Pferdekurs vom Postauto abgelöst. Seit 1963 ist Hütten ein Teil der Oberstufenschulgemeinde Wädenswil. Und ab 2019 wird es hoffentlich ganz zu Wädenswil gehören.
 




Peter Ziegler